Adnan, Etel
1925 – 2021

1925 geboren in Beirut, Libanon
1949–1955 Studium der Philosophie in Paris
1955 setzte ihr Studium an der University of California, Berkeley und Harvard University, USA fort
1958–1972 unterrichtet Geisteswissenschaften und Philosophie am Dominican College in San Rafael, Kalifornien
1972 kehrt nach Beirut zurück und arbeitet als Feuilletonredakteurin der Zeitung Al-Safa
1979 Umsiedlung nach Kalifornien
2010 wird ausgezeichnet mit dem libanesischen Staatspreis
2012 Teilnahme an der „documenta 13“, Kassel mit eigenem Raum
2021 stirbt Etel Adnan

Persian, 1963–1964

Öl auf Leinwand
38,5 x 50,5 cm


Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, © Etel Adnan, Foto: Achim Kukulies

Die libanesische Schriftstellerin und Malerin Etel Adnan arbeitet meist im kleinen Format, die Leinwand auf dem Tisch liegend; statt des Pinsels nutzt sie ein Malmesser. Malen ist, anders als das Schreiben, ein physischer Akt und ein konzentrierter Dialog der Malerin mit der Welt.

Ihre abstrakten Farbkompositionen zeigen menschenleere auf ihre wesentlichen Bestandteile reduzierte Landschaften: Berg und Ebene, Himmel und Meer, die Sonne, das Licht. „Persian“, 1963–1964, lässt sich als Landschaft wie als Komposition aus freien Farbformen lesen. Die Konstellation der großen Farbblöcke ruft Himmel, Meer und Land auf. Ein Strahl der Sonne scheint sich von oben ins Zentrum der Komposition zu schieben. Die Ordnung dieser (Bild-)Welt ist ein Gefüge aus Blöcken und aus Licht, das deren Erscheinung und Farbigkeit beständig verändert.

Untitled, 2010/2011

Öl auf Leinwand
25,4 x 35,2 x 2,8 cm


Erworben 2018

Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, © Etel Adnan, Foto: Achim Kukulies

In „Untitled“, 2010, dominieren die horizontalen Linien. Ausgehend von dem roten Rechteck gliedern breite und schmalere Farbstreifen die Fläche und wecken Assoziationen an Landschaft. Die beiden unteren Streifen überlagert ein amorpher Fleck: Eine solche „Dialektik zwischen dem fixierten und dem Wandel“ prägt – so die Malerin – viele ihrer Bilder.

Die insgesamt drei kleinen Formate, die sich seit 2018 in der Sammlung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen befinden bereichern die Sammlung unter mehreren Gesichtspunkten: Sie schlagen Brücken zwischen der Malerei der 1950er Jahre und heute, zwischen Beirut, Paris und der Westküste der USA, und sie ergänzen den Bestand um eine weitere starke weibliche Stimme.

Untitled, ca. 1965-66

Öl auf Leinwand
22,3 x 27 x 0,1 cm


Erworben 2018

Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, © Etel Adnan, Foto: Achim Kukulies

Etel Adnan ist eine „Universalgelehrte“, die in vielen verschiedenen Räumen lebt: im Raum der Zeichen und der Bilder ebenso wie in dem der Worte, der Poesie, der Philosophie und des politischen Journalismus. Als Tochter einer griechischen Christin und eines syrischen Muslims aus Damaskus wächst sie in Beirut auf, lernt in der Schule Französisch, in den Straßen der Stadt Arabisch. Für ihre Liebe zur Literatur nimmt sie das Zerwürfnis mit der Familie in Kauf, geht 1949 nach Paris, 1955 nach Kalifornien.

In dem unbetitelten Gemälde von ca. 1965-66 überlagern sich Formen (gelb, blau, schwarz) mit unregelmäßigen Konturen, sie korrespondieren mit jeweils gegenüberliegenden größeren Farbflächen, in denen die drei Farben nun mit Weiß durchzogen sind. Die Materialität der gewebten Leinwand, die rechts – wie ein Teppich – ausfranst, verweist darauf, dass ein Bild nicht nur ein Fenster zur Welt ist, sondern eben auch ein Objekt.