Matisse, Henri
1869 – 1954

1869 geboren in Le Cateau, Nordfrankreich
1892 Übersiedlung nach Paris; Teilnahme an Abendkursen der École des Arts Décoratifs; arbeitet an der Académie Julian, Paris
1895 Eintritt in das Atelier Gustave Moreaus
1898 Aufenthalt auf Korsika und in Südfrankreich
1899 Eintritt in das Atelier Carrière; Freundschaft mit André Derain und Jean Puy
1901 Teilnahme am „Salon des Indépendants“; Bekanntschaft mit Maurice de Vlaminck
1903 Mitbegründer des „Salon d‘Automne“
1904 im Sommer mit Paul Signac und Henri Edmond Cross in Saint-Tropez
1905 mit Derain in Collioure; im „Salon d‘Automne“ stellen die sogenannten Fauves aus
1907 im Sommer Aufenthalt in Italien
1908 Eröffnung einer Kunstschule
1909 erwirbt ein Haus in Issy-les-Moulineaux
1910−1913 Reisen nach Südspanien und Marokko; wiederum in Collioure
1917−1918 erster längerer Aufenthalt in Nizza, wo er in der Folge den Winter zu verbringen pflegt
1925 Ritter der Ehrenlegion
1927 Auszeichnung mit dem Carnegie-Preis, Pittsburgh
1930 Reisen nach Tahiti und in die USA
1938 lässt sich in Cimiez bei Nizza nieder
1943−1948 wohnt in der Villa Le Rêve in Vence
1950 Großer Internationaler Preis für Malerei der „25. Biennale“, Venedig
1954 stirbt Henri Matisse in Cimiez bei Nizza

Le goûter (Le golfe de Saint-Tropez) / Die Bucht von Saint-Tropez, 1904

Öl auf Leinwand
65 x 50,5 cm


© Succession H. Matisse / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Foto: Walter Klein

Als Henri Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck im Herbst 1905 gemeinsam ihre Werke im Pariser Salon zeigten, riefen sie einen Skandal hervor. „Fauves“ – Wilde nannte man diese Künstler, die es wagten, in ihren Werken die Farben gegen alle Konventionen zu verwenden. 

In der Entstehungsphase der fauvistischen Malerei malte Matisse „Le goûter (Le golfe de Saint-Tropez)“. Im Sommer 1904 hatte sich dieser dem Einfluss älterer Maler wie Paul Signac (1863-1935) und Henri Edmond Cross (1856-1910) ausgesetzt und sich mit großer Beharrlichkeit der neuen Bildgestaltung angenähert. „Le goûter“ ist wahrscheinlich im Freien, unter dem unmittelbaren Eindruck der Natur, entstanden. Das Bild zeigt die Frau und den Sohn des Malers, die an der „Plage des Graniers“, einem Strand am Golf von Saint-Tropez, sitzen. Anders als Signac es für Arbeiten nach der Natur empfohlen hatte, setzte Matisse die Farbe nicht in Punkten, sondern trug sie gleichmäßig in abgesetzten Strichen auf. Das Spiel der Komplementärfarben wird in der Küstenzone, dem Himmel und dem Meer deutlich.

Intérieur rouge, nature morte sur table bleue / Rotes Interieur, Stillleben auf blauem Tisch, 1947

Öl auf Leinwand
116 x 89 cm


© Succession H. Matisse / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Foto: Walter Klein

Das Ideal des kompositorischen Gleichgewichts, das Henri Matisse Zeit seines Schaffens versuchte zu verwirklichen, ist in der Reihe der Interieurs erfüllt, die er in der Zeit von 1946 bis 1948 malte. „Intérieur rouge, nature morte sur table bleue“ zeigt ein Zimmer mit einem Medaillon an der Wand. 

Ein runder Tisch mit Früchten und einer Blumenvase ist in die Nähe der geöffneten Verandatür gerückt, die den Blick auf den Garten freigibt. Seine intensive Ausstrahlung erlangt das Bild durch Dekor und Farbigkeit. In weiser Ökonomie hat sich der Maler auf wenige Farbtöne beschränkt: auf Gelb, Rot, Blau und Grün, wobei dem Rot durch Menge und Intensität die dominierende Rolle zukommt. Die Kraft und die Strahlkraft dieser Farbe erfüllen und verbinden die unterschiedlichen Raumzonen. Als Dekor für den roten Boden und die roten Wände hat Matisse schwarze, dynamische Zickzacklinien gewählt, die das Bildfeld diagonal „durchzucken“. Diese schwarzen Linien drängen das Rot auf dieselbe Ebene wie die übrigen Farben zurück. Die Benennung des Bildes als Stillleben und Interieur kennzeichnet die Vermischung zweier Genres, die Matisse zu einer Einheit verbindet.