Innovation

Innovation und Fortschrittsglaube haben die westlichen Gesellschaften durch alle Zeitläufte geprägt. Bis in das 20. Jahrhundert hinein waren auch Künstlerinnen und Künstler von einer positiven und konstruktiven Vorstellung von Utopie bestimmt, die jedoch durch den Zivilisationsbruch der Nationalsozialisten grundlegend in Frage gestellt wurde. Seit dem Aufkommen der Postmoderne ab den späten 1960er Jahren ergaben sich Fragen nach Macht und Möglichkeiten aktueller Technologien, woran sich auch der Diskurs über die Gestaltung unserer Zukunft knüpft. In der aktuellen Präsentation der Werke spiegeln unterschiedliche Positionen diese Fragestellungen.

Der in Russland geborene Künstler Wassily Kandinsky (1866 – 1944) galt als einer der Wegbereiter der abstrakten Kunst. Er befreite die Linie von ihrer konturierenden Funktion und schuf eine neue, auf der Äquivalenz von Linie und Farbe basierende Bildgrammatik. Neben dem malerischen Interesse sind Kandinsky sinnbildliche Bedeutungen einzelner Bildelemente ebenso wie philosophische und spirituelle Anliegen wichtig. Geschmacks- und Tastsinn sowie Temperaturempfinden und Kinästhetik werden im Sinn einer dynamischen Erfassung des bildlichen Spannungsgefüges aktiviert. „Zusammenklang“ und „Widerspruch“ beziehungsweise „Gegensatz“ sind die wesentlichen Begriffe, mit denen Kandinsky dem der abstrakten Kunst noch fernstehenden Publikum seine Bildabsichten nahebringen wollte, wie das Gemälde „Komposition X“ (1939) mit Konstellationen geometrischer Elemente zeigt.

Im Unterschied zu dieser von Zuversicht geprägten Position nimmt der aus England stammende Künstler Ed Atkins (*1982) eine von grundlegender Skepsis gekennzeichnete Haltung ein. Er gilt als Pionier einer jungen Künstlergeneration, die die tiefgreifenden Veränderungen unserer Lebenswirklichkeit durch die rasante Entwicklung der digitalen Medien reflektiert. Sein Schaffen befasst sich mit der Allgegenwart der neuen Medien sowie den tiefgreifenden Veränderungen der Wahrnehmung. Aus der Spannung zwischen ausgefeilten technischen Mitteln und menschlichen Eigenschaften wirken die computergenerierten Protagonisten hyperrealistisch und künstlich zugleich. Die Animationen hinterfragen die Versprechungen, Potenziale und Ideologien der von ihm verwendeten Technologien und behandeln existenzielle Themen wie Liebe, Tod oder Krankheit sowie Begehren, Melancholie und Vergänglichkeit.

Komposition X, 1939

Öl auf Leinwand, 130 x 195 cm
Foto: Walter Klein, Düsseldorf