Otto Dix (1891–1969) verbrachte von 1922 bis 1925 sehr erfolgreiche Jahre in Düsseldorf und entwickelte in dieser Zeit seinen unverkennbaren kritischen Stil. In der Ausstellung „Otto Dix – Der böse Blick“ stellt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen erstmals umfassend die Werke aus dieser kurzen aber intensiven Phase in den Mittelpunkt und macht ihre internationale Strahlkraft erlebbar. Die Ausstellung untersucht die Zusammenhänge von individueller künstlerischer Produktivität, ästhetischen und gesellschaftlichen Fragestellungen sowie die Einflüsse von Unterstützern und persönlichen Lebensumständen.
Der junge Maler und Grafiker aus Dresden kommt im Oktober 1921 nach Düsseldorf: Er war ein zwar mittelloser, allerdings nicht mehr ganz unbekannter Künstler, der sich im Rheinland bessere Ausstellungsmöglichkeiten und Aufträge erhoffte. Mit größtem Ehrgeiz wandelt er sich in den kommenden drei Jahren vom expressiv-veristischen Dadaisten zu einem kritischen Porträtisten der Neuen Sachlichkeit, der seine Mitmenschen schonungslos im Bild fixiert. Als er – persönlich und künstlerisch gereift – 1925 nach Berlin umsiedelt, eilt ihm der Ruf seines „bösen Blicks“ voraus. Die erste Kontaktaufnahme zur Düsseldorfer Kunstszene fand Anfang 1920 über Conrad Felixmüller statt, der Dix mit Otto Pankok, Gert Wollheim und anderen Künstlern der avantgardistische Gruppe „Das Junge Rheinland“ zusammenbrachte. Dazu gehörte auch die Kunsthändlerin Johanna Ey, deren Galerie in dieser Zeit ein lebendiger Treffpunkt der jungen rheinischen Künstler wurde.
Johanna Ey setzte sich besonders für die Karriere des noch in Dresden lebenden Künstlers ein. Hatte Dix hier unter der Unverkäuflichkeit seiner Arbeiten gelitten, so wendete sich im Rheinland das Blatt: Bereits im September 1920 meldet ihm Johanna Ey erste Verkäufe. Als sie Dix schließlich kennenlernt, war sie von dem dandyhaften jungen Mann fasziniert. Sie gab ihm Obdach in einem Nebenzimmer ihrer Galerie und machte ihn zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten ihres Kunsthandels.
Zu den frühen Förderern gehörte auch der Sammler und Arzt Dr. Hans Koch, der bereits vor Johanna Ey Kontakte zur Dresdener Kunstszene hatte und sich 1921 von Dix porträtieren ließ. Martha Koch, Ehefrau des Sammlers, wurde in dieser Zeit Dix´ Geliebte – beide heirateten im Frühjahr 1923. Dies schadete allerdings weder der geschäftlichen noch privaten Beziehung aller Beteiligter.
Die drei Jahre in Düsseldorf waren für Dix von immenser Produktivität und einer ganzen Reihe herausragender künstlerischer Phasen geprägt: So entstand bis 1923 der Großteil aller je von ihm geschaffenen Aquarelle. Ab 1922 besuchte er die Düsseldorfer Kunstakademie; ausgesprochen wichtig war ihm der Unterricht in druckgrafischen Techniken. Die dort erlernte Aquatinta-Technik setzte er etwa für seinen berühmten Radierzyklus Der Krieg (1924) ein, in dem Dix drastisch mit der modernen Kriegsmaschinerie abrechnet. In dieser Zeit entstanden auch zahlreiche Hauptwerke der Farblithografie – darunter Kupplerin, Matrose mit Mädchen oder Leonie.
Die inspirierende und ermutigende Düsseldorfer Kunst- und Galerienszene, die materielle Sicherung und das neue private Glück: Alles zusammen bewirkte eine Stabilisierung der Lebensumstände und sogar eine gewisse Etablierung in der Gesellschaft – Faktoren, die den Mal- und Porträtstil im Laufe der Jahre weiter veränderten. Dix wandte sich ab 1924 der Neuen Sachlichkeit zu und setzte für seine zunehmend kühleren, analytischen Porträts eine altmeisterliche Lasurtechnik ein. Bis heute gilt Otto Dix als der berühmt-berüchtigte Porträtist, der seine Modelle jenseits jedweder gängiger ästhetischer Normen kritisch und „mit bösem Blick“ in Szene setzte.
Die Ausstellung wird im Anschluss in der Tate Liverpool gezeigt.