Roman Ondák (*1966, lebt in Bratislava) gilt spätestens seit seiner viel beachteten Arbeit im Tschechischen und Slowakischen Pavillon auf der Biennale von Venedig 2009 als einer der wichtigsten jüngeren Künstler, die Traditionen der konzeptuellen, der prozessorientierten und Installationskunst auf völlig eigenständige Weise aufgreifen und weiterentwickeln. Seine teils subtilen Eingriffe in reale Alltagssituationen können die unterschiedlichsten Formen annehmen.
Sie reichen von kurzen oder längeren Auftritten von Personen über Objekte sowie Zeichnungen und Notizen bis zur Beteiligung des Publikums. Auch wenn er in einigen seiner Arbeiten Phänomene rund um die Kunst und das Museum untersucht, interessiert ihn vor allem „das alltägliche Verhalten der Menschen“ und „die Qualität hinter den Objekten“ (R. O.).
Seine Kunst richtet sich so mit ihrer humanistischen Einstellung bei aller Bescheidenheit in der Form auf die Breite und die Komplexität der Realität selbst.Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine neue Installation mit dem Titel „The Hill Seen from Afar" (2011). Es handelt sich um einen künstlichen Hügel mit einem Miniaturbaum auf der Spitze, der die gewohnten Perspektiven durcheinander bringt. Mitten im Kunstraum erscheint ein Stück Natur, das die Wahrnehmung des Betrachters ins Zentrum stellt. Geht es hier um ein Kunstwerk, das mit seinem besonderen Maßstab die Blicke auf sich zieht, oder eben um einen „Hügel, den man aus der Entfernung betrachtet“? Wieso befindet sich der Hügel dann direkt vor einem? Wo findet die Entfernung statt? Nur im Kopf des Betrachters?
Solche und viele andere Fragen, die aus „Gullivers Reisen“ entsprungen sein könnten, werden von einem hoch attraktiven Objekt ausgelöst, das gleichzeitig eine Skulptur aus eigenem Recht ist.Die beiden anderen Arbeiten in der Ausstellung sind mit „The Hill Seen from Afar" thematisch verbunden. Sie greifen auf Aktionen bzw. Installationen der letzten Jahre zurück und versetzten sie in einen neuen Aggregatzustand. Bei „Across That Place" (2008–2011) hatte Ondák in der einstmals den USA gehörenden Panama Kanalzone Menschen aufgefordert, zu einem Steinehüpfen am Kanal zusammenzukommen. Mit Videos, Plakaten, Zeichnungen, Fotos, Gemälden, Landkarten, Postkarten und Briefen wird diese spielerische „Überwindung“ der beiden Hälften des Kontinents Amerika und der ehemaligen Kolonialherrschaft als ebenso reales wie poetisches Ereignis kolportiert. „Eclipse" (2011) schließlich stellt eine das Oberste zu unterst kehrende Installation zurück auf den Boden. Ausgangspunkt ist eine lebensgroße, traditionelle Dachkonstruktion, die der Künstler kopfüber in einem modernen Ausstellungsraum errichtet und mit metallenen Platten von der Decke des Raumes belegt hatte. Die Reste dieses absurden Bauwerks liegen nun als Material einer Erinnerung oder als Lager für eine neue Konstruktion an einem anderen Ort. In einer Art Guckkasten erscheint außerdem ein Ausblick auf das ursprüngliche Werk in einer ungeklärten Situation zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Realität und Fiktion.