Susan Philipsz – The Missing String

9.11.2013 – 6.4.2014

  • Installationsansicht der Ausstellung im K21, Foto: Achim Kukulies

Sich selbst bezeichnet Susan Philipsz als Bildhauerin – einen internationalen Namen hat sich die schottische Künstlerin in den vergangenen Jahren mit ihren ausdrucksvollen Klanginstallationen gemacht. Mit ihrem Werk „The Missing String” ist Susan Philipsz, die vor drei Jahren den angesehenen britischen Turner-Preis erhalten hat, in der Bel Etage im K21 der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zu Gast. Es ist das erste Mal, dass die Kunstsammlung der 1965 in Glasgow geborenen und heute in Berlin lebenden Künstlerin eine Ausstellung widmet.

Im Grenzbereich von bildender Kunst und Musik schließt Philipsz’ raumgreifende Klanginstallation auf vielen Ebenen an die vorangegangenen Ausstellungen an, die in den  repräsentativen Räumen des Ständehauses zu sehen waren. Die Künstlerin fragt mit ihrer Arbeit nach den historischen Kontexten des Ortes und Praktiken des Aufbewahren und Sammelns.

Als ausgebildete Bildhauerin ist Philipsz vor allem an der Wechselwirkung von Klang und Raum interessiert. „Es geht mir darum, wie die emotionalen und psychologischen Effekte des Klangs die Achtsamkeit gegenüber dem Raum erhöhen können, in dem man sich aufhält“, sagte die Künstlerin 2010 in einem Zeitungsinterview. Mit der Dekonstruktion und Neuanordnung von Klang und dessen Lokalisierung im Raum bewirkt Philipsz eine ständige Neudefinition beider Medien. Ihr Umgang mit historischem Material offenbart ein fast archäologisches Interesse am Verborgenen, dessen vielfältiges Potenzial sich eindrucksvoll durch ihre Werke überträgt, Empfindungen wie Erinnerungen wachruft. So nutzt sie Rockmusik der 1970er Jahre ebenso wie schottische Seemannslieder oder die „Internationale“ für ihre Audioarbeiten. Grundlage ihrer Arbeit für die documenta 2012 war ein Orchesterwerk, das 1943 im KZ Theresienstadt komponiert und dort auch aufgeführt worden ist.

Die speziell für die Kunstsammlung geschaffene Arbeit „The Missing String” beruht auf umfassenden Recherchen der Künstlerin zum Thema kriegsbeschädigter Musikinstrumente, die sich heute in zahlreichen Sammlungen in ganz Deutschland befinden. Sie sind eindrucksvolles Sinnbild der Zerstörungswut des Krieges und spiegeln das oft tragische Schicksal von Künstlern während der NS-Diktatur. Die Suche nach diesen heute vielfach in Archiven und Depots verschwunden Zeugnissen der Kriegszeit lässt Susan Philipsz Arbeit zu einem Akt der Sichtbarmachung werden. Für die Produktion von „The Missing String” konnte die Künstlerin eine ganze Reihe kriegsbeschädigter Instrumente nutzen und damit für die Tonaufnahmen wieder zu ihrem ursprünglichen Zweck, dem Musizieren, gebrauchen. Verbeult, durchschossen oder verbogen erzählen sie jeweils bewegte Geschichten: Es sind historisches Objekt und Instrumente zugleich, deren Klang unweigerlich von dem Eindruck des Krieges geprägt ist.